Photo: Netzwerk Ökolandbau und Kompost Hessen

Das könnt ihr den leuten doch nicht zeigen..

„Das sieht absolut scheiße aus – das könnt ihr den Leuten doch nicht zeigen“ – so oder so ähnlich kommentierte mein alter Herr unseren missglückten Sudangrass-Versuch. Die Versuchsfläche war eine einzige Flut aus Melde und Ackerkratzdistel, nur vereinzelt waren Stängel des Sudangras sichtbar. Für unseren ersten Klima-Feldtag am 08.09, veranstaltet gemeinsam mit dem Netzwerk Ökolandbau und Kompost, hätte es jedoch nicht besser kommen können. Zumindest, um die Herausforderungen effektiver Klimawandelanpassung zu illustrieren und zu erläutern.

Denn dieser Klima-Feldtag sollte – neben dem Komposteinsatz – vor allem dem Anbau alternativer Kulturpflanzen gewidmet sein. Ganz konkret dem bereits erwähnten Sudangrass und der Kichererbse. Und für diesen Zweck hätte das Jahr nicht besser verlaufen können.

Fangen wir bei dem Sudangras an. Wie bereits erwähnt wurde unser Anbauversuch durch eine starke Verunkrautung in der Jugendentwicklung gestört. Aufgrund anhaltender Regenfälle waren Pflegemaßnahmen nicht möglich und die vergleichsweise niedrigen Temperaturen machten dem Sudangras zusätzlich zu schaffen. Die erste Aussaat aus dem Juni mussten wir dann letztlich terminieren, um wenigstens das Unkraut am Aussamen zu hindern. Die zweite Aussaat Ende Juli ereilte ein ähnliches Schicksal. Der Einschätzung meines Vaters zum Trotz ließen wir den missglückten Versuch bis zum Klima-Faldtag stehen. Und zwar weil dies ein hervorragendes Beispiel für die Risiken von Anpassungsmaßnahmen ist, sowie der Unsicherheiten, die mit dem Klimawandel einhergehen.
 

Es zeigt sich deutlich, dass der Erfolg einer Anpassungsmaßnahme sehr stark von dem individuellen Jahr abhängig ist und Variabilität ein bestimmender Faktor ist und sein wird. Einfach gesagt: wir können von dem Witterungsverlauf des letzten Jahres nicht auf das nächste Jahr schließen. Anpassungsmaßnahmen, wie der Anbau trockenheitstoleranter Kulturen, sind eine Absicherung gegen die Extreme Hitze und Dürre. In solchen Jahren kann mir das Sudangras potentiell helfen, fehlende Grünland- oder Kleegraserträge auszugleichen. In „normalen“ oder kalt-feuchten Jahren werde ich mit dieser Kultur wahrscheinlich Verluste machen.

Photo: Netzwerk Ökolandbau und Kompost Hessen

Ganz anders wirkte sich der Jahresverlauf auf die Kichererbsen aus. Eine halbwegs nasse Periode zwischen Mitte April bis Mitte Mai sorgte für eine gute Wasserversorgung. Nach der Aussaat Mitte Mai folgte dann eine Trockenperiode von fast einem Monat. Hier konnte die Kichererbse ihren Konkurrenzvorteil ausnutzen. Während dem Unkraut nach und nach das Wasser ausging schickte es der Kichererbse noch, und wir konnten einen nahezu unkrautfreien Bestand etablieren – ohne einen einzigen Striegeleinsatz. Zwar fehlten im Sommer teilweise die Temperaturen, aber mit 12 dt/ha Ertrag waren wir am Ende schon zufrieden. Aber auch an dieser Kultur konnten wir gut die Einschränkungen und Limitationen der Anpassungsmaßnahme „Alternative Kulturen“ verdeutlichen.

Denn auch trockentolerante Kulturen haben ihre Grenzen. So war unser Kichererbsenanbau im Jahr 2022 ein Totalausfall. Und zwar aus dem ganz einfachen Grund, dass es zwischen Aussaat Mitte Mai und Anfang August nur 80mm Niederschlag gab. Das reicht auch einer trockentoleranten Kultur nicht. Vor allem, wenn der Bodenwasservorrat bereits erschöpft ist. Eine zentrale Frage brachte ein Kollege auf: „wo und wie plant ihr, die Kichererbsen zu verkaufen?“. Denn das ist eine weitere wichtige Komponente. Der Anbau kann noch so gut gelingen – wenn ich das Produkt nicht verkauft bekomme bringt es mir nichts. Der Erfolg einer Anpassungsmaßnahme ist also nicht nur vom Wetter, sondern auch von den externen Rahmenbedingungen abhängig.

An beiden Kulturen konnten wir super zeigen, dass es bei Anpassung und dem Anbau neuer Kulturen in der Regel nicht um Gewinnmaximierung geht. Im Gegenteil – in durchschnittlichen Jahren werde ich mit solchen trockentoleranten Kulturen eher Verluste machen. Doch habe ich mit diesen Kulturen eine Absicherung in Extremjahren. Es geht also um Stabilisierung – und das ist eine zentrale Einsicht, wenn wir uns mit Klimawandelanpassung beschäftigen.

Im diesen Sinne blicken wir auf einen erfolgreichen ersten Klima-Feldtag zurück. Wir möchten uns beim NÖK, dem Praxisforschungsnetzwerk sowie allen Kolleg*innen bedanken, die gemeinsam mit uns erkundet, diskutiert und gelacht haben.

Einen weiteren Beitrag zum Klima-Feldtag auf dem Hof Tolle findet ihr hier:
https://noek-hessen.de/klima-feldtag-hof-tolle/

Bis zum nächsten Klima-Feldtag, bei dem wir aus weiteren Fehlern lernen können!

Mit Liebe,
Hof Tolle

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